Gose Bier: Was ist das?

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von Hopfen sei Dank
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19. November 2020
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Was ist eigentlich eine Gose?

Das goslarische Bier, kurz „Gose“, ist ein obergäriges Weizenbier, welches sich durch eine maßvolle Salz- und Koriander-Note auszeichnet und deshalb nicht dem Reinheitsgebot entspricht. Gose gilt als eine der ältesten Bierstile Deutschlands und ist als helle und als dunkle Gose erhältlich. 

Nach Aussage des Deutschen Bierinstitut wird diese Biersorte mit obergäriger Hefe und Milchsäurebakterien vergoren. Sie besteht, je nach Braurezeptur, zu jeweils circa 50% aus Weizen- und Gerstenmalz, wobei die Gose in Goslar auch mit 100% Weizenmalz gebraut wurde.

Diese Biersorte besitzt einen spritzig-fruchtigen Charakter, welcher auf eine dezente Säure trifft. Verantwortlich für die Säure sind Milchsäurebakterien (Lactobazillen), die während der Gärung in das Bier gebracht werden (Milchsäuregärung). Eine Gemeinsamkeit, die sich die Gose mit anderen Biersorten, wie beispielsweise der Berliner Weisse, teilt. Oft wird die Gose zusätzlich mit Meersalz und in manchen Fällen sogar mit Koriander eingebraut. Dadurch wird das Bier noch erfrischender und fruchtiger.

Gose – Ein “typisches” Sauerbier?  

Das “typische Sauerbier“ gibt es nicht! Biersorten wie Geuze, Berliner Weisse und auch Gose werden gerne als „Sauerbiere“ beschrieben, was der Vielfältigkeit dieser Biere jedoch nicht gerecht wird.
Die Säure prägt aber nicht allein den Geschmack der Gose. Ergänzend sind auch leicht salzige und fruchtigen Noten präsent. Nichtsdestoweniger trägt auch die zurückhaltende bis maßvolle Säure zum traditionellen Charakter bei. 

Gose Bierflasche
(Quelle Frank Heinrich, Leipzig)

Ebenfalls charakteristisch für diese Biersorte ist die ikonische bocksbeutelähnliche Flasche: Ein sehr ausgeprägter Flaschenbauch verjüngt sich nach oben hin zu einem langen, schmalen Hals. In diesen Flaschen ohne Verschluss wurde in Leipzig traditionell die sogenannte “offene Gose” angeboten. Dabei bildete die Hefe im Laufe des Nachgärens innerhalb der Flasche einen ganz natürlichen Verschluss. Andernorts gab es die “Stöbselgose”, welche auf einfache Flaschen mit Verschluss zurückgriff. 

Die Key Facts zum traditionsreichen Bierstil Gose

  • Stammwürze: 9-14°P
  • IBU: 5-12
  • Alkoholgehalt: 4,2-5,2% Vol.
  • Obergärige Bierhefe + Milchsäurebakterien
  • Ursprung: Goslar
  • Geschmacksprofil: säuerlich, fruchtig, leicht salzig, stark prickelnd

Der Namensgeber des Bierstils Gose

Seinen Ursprung findet das Getränk für Kenner in Goslar, am Harz-Flüsschen Gose. Es war das Wasser aus dem Flussbett der Gose, welches den Bierstil des signifikant prägte. Denn damals war das mittlerweile verschwundene Flüsschen reich an Mineralstoffen.

Historisches Bild Brauhaus Goslar
(Quelle: Brauhaus Goslar)

Und was hat das nun mit dem Reinheitsgebot zu tun?

Im Sinne des Reinheitsgebots von 1516 besitzt die Biersorte deshalb den Status als „besonderes Bier“. Es darf auf Basis seines einzigartigen Charakters und seiner langen Tradition gebraut werden, obwohl die Beigabe von Salz und Koriander nicht dem deutschen Reinheitsgebot entspricht. Denn ohne diese Zugabe würde die Gose nicht mehr authentisch schmecken. 

Der ausgeprägte Charakter machte das Getränk seit ungefähr 1000 n. Chr. im ganzen Harzgebiet und auch darüber hinaus bekannt. Das damalige Getränk teilt sich mit der heutigen, kühlen Erfrischung, jedoch nur noch den Namen. Zudem braute man Gose damals nach dem Prinzip der Spontangärung, bei der die Mikro Flora der Umgebungsluft dafür sorgt, dass wilde Hefen und Bakterien die Gärung starten. Jedoch wurde damals in Holzfässern vergoren, die anschließend nur mit abgekochten Fichtennadelnwasser gereinigt wurden. Deshalb ist davon auszugehen, dass sich auch in den Fässern Hefen und Bakterien abgelagert haben. Die Braukunst der Zeit war in vielerlei Hinsicht anders als die Heutige. Traditionelle Versionen des Bieres waren vermutlich saurer und wurden mit Sirup vermischt.


Auf den Geschmack gekommen?!


Dann probiere doch die leckere Himbeer Gose von Mücke!

Wie der Name der Gose von Mücke einem verrät, sind hier zusätzlich Himbeeren in den Braukessel gelandet, die man auch gut riechen und vor allem schmecken kann! Denn die Fruchtigkeit des Bieres wird durch die Himbeeren verstärkt, ohne dass der Charakter des Grundbieres überdeckt wird.

Dadurch ist die Himbeer Gose von Mücke ein toller, moderner Vertreter dieses traditionsreichen Stiles.



Die Gose-Tradition in Leipzig

Vom 14. bis zum 18. Jahrhundert verzeichnete die Biersorte ihren historischen Zenit. Mitte des 16. Jahrhunderts waren 387 Brau-Lizenzen registriert. Zur selben Zeit begann sich das Zentrum der Gose-Faszination von Goslar nach Leipzig zu verschieben.  

Die heutige Leipziger Bierkönigin kam 1738 als Geschenk des „alten Dessauers“, Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau, an seinen Freund Giesecke nach Leipzig. Leopold I. war, nach einem Besuch in Gieseckes Schänke, erbost über das lokale Leipziger Bier und veranlasste, dass der Wirt fortan Leopolds Glauziger Gose ausschenken darf. Die erste Gosenschenke löste eine Faszination für das Kaltgetränk aus, welche daraufhin die Leipziger Brautradition auf ewig prägen sollte. Mitte des 18. Jahrhunderts zählte man allein in Dessau, Leipzig und Halle circa 80 Gosebrauereien. Es gab allein in und um Leipzig 80 Gosenschenken und das Bier wurde nach Hamburg, Wien und Belgien exportiert. Doch auch für diesen Bierstil sollten wenig später schwere Zeiten anbrechen.

1850, nach langem Abschwung, war Schluss mit der Goslarer Gose. Die Quelle dieser Brautradition versiegte. Gründe waren die abnehmende Beliebtheit der Biersorte sowie die vielseitigen Nachwirkungen des Dreißigjährigen Kriegs und des Siebenjährigen Kriegs. Lagerbiere, Wein und Schnaps waren sehr beliebt geworden, sodass sich die Gose-Produktion nicht länger durchsetzen konnte.  

Leipzig dagegen entwickelte sich zur „Gosestadt“. Das Bier erfreute sich dort bis 1945 großer Beliebtheit, bis die auf das Kriegsende folgende Enteignung der Brauereien das traditionelle Getränk an den Rand der Vergessenheit brachte. Die Faszination für die regionale Spezialität erlischt und die vermeintlich letzte Hoffnung stirbt 1966 als die Brauerei Wurzler die Gose-Produktion nach 17 Jahren endgültig einstellt. Das Gose-Rezept gerät in Vergessenheit. Das vermeintliche Ende einer fast tausendjährigen Bierkultur.    

Der Neubeginn alter Gose-Tradition 

Schankraum Ohne Bedenken
(Quelle: Brauhaus Goslar)

1986 wird in der bekanntesten Gosenschenke der Welt, im „Ohne Bedenken“, die Bierspezialität wieder ausgeschenkt. Der Name besteht bereits seit der Eröffnung 1899 und geht höchstwahrscheinlich auf eine Unterredung zwischen einem unbekannten Gast und dem Ober Karl Schmidt zurück. Der Gast fragte Karl Schmid, im Scherz oder aus Provokation heraus, ob Gose trinkbar sei, schließlich sagte man dem Getränk einige abführende Nebenwirkungen nach. Karl Schmid entgegnete darauf: „Ohne Bedenken!“ 



Ihre neuen Besitzer Lothar Goldhahn, am Anfang seines Traumes eine eigene Taverne zu leiten, und Dr. Hartmut Hennebach, Biologe mit einem Interesse für die Leipziger Historie und späterer Gose-Botschafter, widmeten sich gemeinsam der Wiederentdeckung dieser Brautradition. Die ersten zahlreichen Liter der Bierspezialität kamen jedoch nicht aus Leipzig selbst, sondern wurden in der Schultheiss-Berliner Weisse-Brauerei in Ost-Berlin gebraut. Die Gose war wieder da. Doch bis die Biersorte ihren alten Status erreicht haben soll, vergehen noch mehrere Jahrzehnte.

Das Geschmackserlebnis Gose wiederentdeckt 

– Mitte der 1990er fand die Biersorte erstmalig wieder ernst zu nehmende Beachtung außerhalb Sachsens. Das Bier weckte durch seinen einzigartigen Charakter Interesse, weshalb es als regionale Spezialität erkannt wurde. 1996 widmete sich der britische Bier-Experte Micheal Jackson in zwei Artikeln dem traditionellen Bier (“Salty Trail of Germany’s Link with Wild Beer” & “Going for Gose”). 

Würzepfanne Ritterguts Gose
(Quelle: Ritterguts Gose GmbH)

– 1999 reagierte Thomas Schneider auf die wachsende Begeisterung für Gose und baute den alten bayerischen Bahnhof in Leipzig zur Gose-Brauerei und Schenke „Bayerische Bahnhof“ um. Zeitgleich entschieden sich Tilo Jänichen und Adolf Goedecke (Ur-Ur-Enkel von Johann Gottlieb Goedecke, Besitzer der früheren Gose-Brauerei Ritterguts Brauerei Döllnitz) die Ritterguts Gose erneut zu brauen.  

– In 2009 eröffnete das Brauhaus Goslar. Dadurch war das traditionell-verwurzelte Brauerzeugnis zurück in Goslar und endgültig auf dem Weg zur Erneuerung.  

– Schließlich zog sich der Durchbruch der Gose bis Anfang 2012:   

„Westbrook Brewing“ (South Carolina, USA) veröffentlichte ihre Interpretation der Leipziger Gose. Damit erlangte das Getränk endlich durchschlagende Bekanntheit in den Vereinigten Staaten. Im selben Jahr verstarb Leipzigs legendärer Wirt und Gose-Botschafter Hartmut Hennebach, ohne dessen Tun die Gose wohl nie ihre alte Bekanntheit zurückerlangt hätte.  

Die moderne Identität über 1000-jähriger kultureller Entwicklung  

Gärraum Ritterguts Gose
(Quelle: Ritterguts Gose GmbH)

Im 21. Jahrhundert profitiert das Bier von zahlreichen Erkenntnissen über die Kunst des Brauens. Das Prinzip der Spontan-Gärung wurde in vielen Brauereien durch eine gezielt gesteuerte Gärung mittels Hefe und Milchsäurebakterien ersetzt. Dadurch ist es den Brauereien möglich den besonderen Charakter noch einmal zu veredeln. Heutzutage ist das Bier ein “Gar-Nicht-Mehr-So-Geheimer”-Geheimtipp und ein wahrer Trend in der amerikanischen Craft-Beer Szene.    

Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass die Bierkönigin aus Leipzig unter „World‘s Best Gose“ eine eigene Preiskategorie bei den „World Beer Awards“ stellt. In dieser konnte sich 2019 die Bejing Gose Modern von Nbeer die Goldmedaille sichern. Auch die “Best of Craft Beer Awards” ehren eine Siegerin in der Kategorie „Zeitgemäße Gose-Stile und Leipziger Stil“ (Sieger 2020: CraftHaus Brewery „Zitrone – Gose“). 
Wir sind gespannt, wann dieser Trend endlich auch Deutschland erfasst. Auf jeden Fall sind wir glücklich, dass uns dieses Stück Brautradition erhalten geblieben ist.  
 

Also besucht doch beizeiten die Schänke “Ohne Bedenken”, die heute wie damals in der Menckestrasse in Leipzig zu finden ist. Gönnt euch ein Glas dieses faszinierenden Biers und genießt ein wahres Produkt deutscher Bierkultur.  

Wenn euch dieser Weg jedoch etwas zu weit ist, dann haltet einfach die Augen offen. Vielleicht läuft ihr der Leipziger Bierkönigin einmal über den Weg. Das Probieren lohnt sich allemal!   

Goseanna! 

Oliver Daniel Sopalla

Autor: Oliver Daniel Sopalla

Oliver ist Mitbegründer von Hopfen sei Dank. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Philipp Pöss hat er die Biergenuss-Bewegung ins Leben gerufen. Neben den großen Hopfenfesten, Biertastings und Biershows kümmert sich Oliver auch um die redaktionellen Belange bei Hopfen sei Dank. Da er in seinem vorherigen Leben u.a. Chefredakteur war, hat er neben seiner Bierexpertise auch umfangreiches Expertenwissen rund um das geschrieben Wort.

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